Vor zwei Jahren habe ich die Stadt verlassen, unter anderem, weil es niemanden gab, der mich davon abgehalten hätte. Nun bin ich mehr oder weniger freiwillig zurück und sehe mich mit den gleichen Problemen konfrontiert wie vor meiner Abreise. Während ich jetzt noch mehr als zuvor auf der Suche nach was Ernsterem oder zumindest einem Date vor Mitternacht bin, scheint sich die Datingwelt in Berlin nicht sehr verändert zu haben.
Mittwoch morgen, 8 Uhr in Berlin. Während ich meinen Kaffee schlürfe, checke wie ein guter Millennial, welche News das Smartphone zu bieten hat. Ein alter Bekannter. Dass wir uns seit fast vier Jahren nicht mehr gesehen haben, scheint ihn davon nicht abzuhalten. Er antwortet, dass er viel lieber einen Film bei sich gucken würde.
Die Gewissheit, immer einen Bootycall parat zu haben, macht es schwierig, tatsächlich nach etwas Ernstem zu suchen und sich mal wirklich auf jemanden einzulassen. Durch ein paar halbherzige Whatsapp-Zeilen an den Bekannten X oder Y kann beides schnell gelindert werden. Was bei diesen Beziehungen immer fehlen wird, ist ein wirkliches Interesse an der anderen Person. Eines Abend treffe ich mich mit Etienne, wir haben uns vor fünf Jahren ganz romantisch im Club kennen gelernt.
Ich bin verwirrt. Seit wann will er denn auf normale Dates mit mir gehen? Generell wäre ich aber nicht abgeneigt, also denke ich kurz über die Frage nach: Kino, was Trinken gehen, vielleicht könnte man zusammen auf ein Konzert? Seine Worte bringen mich wieder zurück in die Realität. Und so wird man in Berlin langsam aber sicher zu faul und feige für die Liebe. Jedes Mal, wenn ich doch verzweifelt genug bin, um neuen Männern eine Chance zu geben, wird mein Tinder-Account trotz vollem Handyspeicher reaktiviert.
Der Überfluss an Möglichkeiten nimmt einem die Entscheidungsfähigkeit. Vielleicht finde ich noch jemand Interessanteren, wenn ich weiterswipe?
